Urzeit
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Seit ich sieben oder acht jung bin, male ich eigenständig. Vorher hieß es "Mal doch der Tante mal ein Bild". Das hatte hübsch zu sein, Berge, Sonne, Dorf, Gähn. Beim eigenständigen Malen nutzte ich das, was in der Schule in meinem Schreibmäppchen steckte - Buntstifte zunächst. Damit ist auch schon der Ort verraten, an dem ich mich malend durch die Zeit schleppte: die Schule, der Unterricht. Mein Malen war die Notwehr eines unterbeschäftigten Schülers in Pflichtstunden. Extra zum Malen setzte ich mich nie hin.

Die erste eigenständige Malphase endete ungefähr bei meiner Einschulung ins Gymnasium als Zehnjähriger damit, dass meine Mutter alles hinter meinem Rücken heimlich wegwarf und behauptete, es nicht gewesen zu sein. Der Wegwerfdrang unserer Mütter ist ihr Tod gegenüber den Kindern. Wer sowas macht, ist ein Zombie. Das Buch über meine Mutter wird "Monster" heißen.

Im Mikrokosmos eines Kindes wird ja mit den Beteiligten schon Politik geübt. Dass Politiker lügen, und dass alles, was dem Staat bekannt wird, von Vernichtung bedroht ist, ist eine Sichtweise, mit der ich aus der Kindheit heraus in die Pubertät zog.

Ab dem Gymnasium bewahrte ich meine Grafiken so gründlich vor dem staatlichen Zugriff - also zum Beispiel vor dieser Person, die behauptete, meine Mutter zu sein - dass ich diese Grafiken bis heute habe. Neun gymnasiale Jahre malte ich nebenbei auf der Schulbank. Wenn man so will, sind diese Zeichnungen mit Schulmäppchenstiften der direkteste Bote meiner Pubertät.

Das Malen ging weiter in allen Situationen, in denen die Leute um mich herum schlicht dasaßen und redeten. Damit komme ich bis heute nicht klar. Ich brauche einen zweiten Kanal an Gegenwart, um Vorträge und Diskussionen zu überstehen. Ich rede hier nicht von der Kneipe, da bin ich voll dabei :-) Es geht um politische Debatten und studentische Seminare. Mein Malen nach der Schulzeit fügte sich ein in das, was die Mitwelt arglos tolerierte. Also ich hatte weiße DIN-A-4-Bögen vor mir liegen und nutzte einen Kugelschreiber. Ich sah aus wie der eifrigste Mitschreiber. 

Indem ich keinen Ehrgeiz entwickelte, Comic-Zeichner zu werden, sondern mich nur malend nebenbei beschäftigte und nie gezeichnete Vorlagen kopierte, wuchs ein eigener grafischer Stil, der dem Wunder des Kulistriches an sich huldigt und Linien-Echos auskostet. Heraus aus der noch gestalthaften Schulzeit sehe ich einen Trend zum abstrakten Bild, je später meine Bilder gemalt sind.

Dass nach meiner Studenten- und Referendarzeit, ab etwa 27,  Kulizeichnungen nur noch ein- oder zweimal im Jahr von mir gemalt wurden, dass ich irgendwo im letzten Jahrtausend auf einer Konferenz mein vermutlich letztes Kulibild malte, verkündet Erfreuliches: Ich konnte mein Leben so organisieren, dass ich keinem Vortrag mehr passiv lauschen musste.

Mit dem Ende der Kulibilder begann die Aufarbeitung am Computer. Was aus der Fusion aus nebenbei gedankenfrei gemalter Grafik mit Scanner und Foto-Software entstand, mal schlicht kontrastverstärkt, mal heftig aufgemöbelt, das ist mittlerweile die Ursuppe von "form.land".

Meine handgemalten Grafiken lassen sich nur grob datieren: Während der Schulzeit waren vor allem Bunt- und Bleistift im Einsatz, in der Studentenzeit dann blaue und schwarze Kugelschreiber. Oben das Bild eines fragilen Tempels mit einem Baum daneben, gemalt mit Bleistift, dürfte also aus der Schulzeit stammen - irgendwo zwischen vierzehn und achtzehn Jahren war ich jung. Gescannt und am Computer aufgearbeitet habe ich die zumeist schwarzweißen Zeichnungen dann ab meinem vierzigsten Lebensjahr.