"Am Anfang schuf Chris auf weißem Papier die Linie und sie gefiel ihm. Er
fügte Tausende von Linien hinzu. Dabei malte er nicht mit Absicht, mit voller
Konzentration. Er malte, wenn um ihn herum die Leute schafften. Oder eher: Wenn
sie vor sich hinschlafften. Bei Besprechungen malte Chris, bei Reden irgendwo im
Saal. Die typische form.land-Grafik entstand, um sozial lahme Zeiten zu
überleben.
Schrittweise organisierte Chris sich ein Leben, bei dem er fast keine sozial lahme Zeit
mehr hatte. Wesentlich dafür war, dass er all diese amtlichen Prüfungen hinter
sich brachte. Er musste nicht mehr für Noten lernen. Und trickreich war, dass er
keinen Job mit toten Zeiten ausübte. Entweder es gab heftig was zu tun, oder
Chris war nicht da.
Chris saß nun unter anderem vor den Millionen Linien und wusste: Wenn du die
so lässt, wie sie da nebenbei entstanden sind, dann landen die im Papierkorb.
Chris sah da zwar einen Glanz, der aus den Linien hervorschien. Doch er war sich
sicher: Die Augen der Mitwelt sahen das nicht. Also konzentrierte sich
Chris zum erstenmal auf die anfangs nebenbei gemalten Linien, und arbeitete sie
im Computer auf."
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Bei mir hat das Schöpfen der form.land-Grafiken länger gedauert als die in der
Bibel vorgesehenen sieben Tage. Hätte ich durchgeschafft, wären es sieben Jahre
gewesen. In der Bilanz dehnt sich die Schöpfung der Grafiken von form.land quer
durch etwa zwanzig Jahre.
Unbewusst habe ich scheinbar Belangloses gemalt, gemalt zumeist mit dem
Kugelschreiber, damit es aussah, als würde ich das Zeug, von dem gerade die
Rede war im Seminar, mitschreiben. Alsdann wurde viel Bewusstsein darauf
verwandt, die Nebenbei-Gemälde durch Computer-Aufarbeitung maximal auf
Bildschirm und Papier zur Geltung zu bringen.
Im letzten Satz steckt der weitere mögliche Fortgang der
form.land-Schöpfungsgeschichte: Heraus aus
Bildschirm und Papier kann nun das räumliche Hervorheben der Linien stattfinden.
Da naht das Relief, da winkt die Skulptur. Und wenn schließlich die Malwerke mit
räumlichen Formen freudig an der Wand hängen und im Saal stehen, dann rufen sie
nach Konzert und Schauspiel. Dann naht auch noch die Möglichkeit, das, was
anfangs
auf dem Papier landete, in einen Medienzusammenhang zu stellen.
Bis dahin darf es dauern. Immerhin ist die
Computeraufarbeitung der Grafiken weitgehend abgeschlossen: Drucke und
Bücher sind in Umrissen zu spüren. Ja, dieses Land ist weiträumig und
eigensinnig. Willkommen in form.land.
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